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10.2 Astrologie in der Literatur: Vergleich Horoskop mit Uhr

#1 von Karsten , 01.11.2011 09:59

Bildhaft und anschaulich vergleicht Milan Kundera das Horoskop mit der Uhr[/size]

Abbildung:
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Milan Kundera, *Mo., 01.04.1929, 12:00 UTC/WZ (Mittagsstände, Geburtszeit unbekannt), Brünn, Tschechien
Hervorgehoben als eine geometrische Figur, Trapez, das Planetenbild für "Liebe zur Astrologie", UR/AP = VE/ZE
[attachment=0]Kundera,Milan_Rx.gif[/attachment]
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Zitat Anfang

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Sechster Teil: Das Zifferblatt

2.

"Die Zeiger auf dem Zifferblatt der Uhr drehen sich im Tierkreis. Auch die Tierkreiszeichen des Astrologen haben die Form eines Kreises. Das Horoskop ist eine Uhr. Ob wir den Voraussagen der Astrologie glauben oder nicht, das Horoskop ist eine Metapher des Lebens, die eine große Wahrheit in sich birgt."

"Wie zeichnet der Astrologe unser Horoskop? Er zieht einen Kreis, das Bild der Himmelssphären, und teilt ihn in zwölf Segmente ein, die für die einzelnen Zeichen stehen: Widder, Stier, Zwillinge, und so weiter. In diesen Kreis, den Tierkreis, trägt er dann die graphischen Sinnbilder für die Sonne, den Mond und die sieben Planeten genau dort ein, wo diese Gestirne im Moment unserer Geburt gestanden haben. Das sieht so aus, als würden auf dem Zifferblatt einer gleichmäßig in zwölf Stunden eingeteilten Uhr zusätzlich neun weitere Zahlen ungleichmäßig verteilt. Auf dem Zifferblatt drehen sich neun Zeiger: es sind wieder die Sonne, der Mond und die Planeten, aber so, wie sie sich im Lauf unseres Lebens tatsächlich im Universum bewegen. Jeder Planetenzeiger befindet sich in immer wieder neuen Konstellationen zu den Planetenzahlen, den fixen Sinnbildern unseres Horoskops."

"Die Ungleichmäßigkeit, in der die Sterne im Moment unserer Geburt angeordnet sind, ist einmalig (unwiederholbar), und sie ist das ständige Thema unseres Lebens, seine algebraische Definition, der Fingerabdruck unserer Persönlichkeit; die in unserem Horoskop erstarrten Sterne stehen in Winkeln zueinander, deren in Graden ausgedrückter Wert eine präzise Bedeutung hat (negativ, positiv, neutral): stellen Sie sich vor, daß Ihre Liebesvenus in einer gespannten Beziehung zu Ihrem aggressiven Mars steht; daß die Sonne, die Ihre Persönlichkeit verkörpert, durch eine Konjunktion mit dem energischen und abenteuerlichen Uranus gestärkt ist; daß die durch den Mond symbolisierte Sexualität mit dem schwärmerischen Neptun verbunden ist und ähnliches mehr. Während ihres Umlaufs werden die Zeiger der wandernden Sterne nun die fixen Punkte des Horoskops berühren und die verschiedenen Elemente Ihres Lebensthemas in Bewegung setzen (schwächen, stärken, bedrohen). Und das ist das Leben. Es gleicht nicht einem Schelmenroman, in dem der Held von Kapitel zu Kapitel von immer neuen Ereignissen ohne gemeinsamen Nenner überrascht wird, sondern einer Komposition, die bei Musikern Thema mit Variationen heißt."

"Uranus schreitet relativ langsam über den Himmel. Es dauert sieben Jahre, bis er ein Zeichen durchwandert hat. Nehmen wir an, daß er heute in einer dramatischen Beziehung (sagen wir in einem Winkel von 90 Grad) zur unbeweglichen Sonne Ihres Horoskops steht: Sie erleben eine schwere Zeit; einundzwanzig Jahre später wird sich diese Situation wiederholen (Uranus wird in einem Winkel von 18o Grad zu Ihrer Sonne stehen, was eine ebenso unheilvolle Bedeutung hat), es wird sich aber nur um eine scheinbare Wiederholung handeln, denn im gleichen Jahr, da Ihre Sonne von Uranus angegriffen wird, wird Saturn in einer derart harmonischen Beziehung zur Venus Ihres Horoskops am Himmel stehen, daß das Gewitter gleichsam auf Zehenspitzen an Ihnen vorbeiziehen wird. Es wird so sein, als würde eine Krankheit, die Sie schon einmal gehabt haben, erneut ausbrechen, Sie aber in einem wunderbaren Krankenhaus gepflegt werden, in dem statt unwirscher Schwestern Engel beschäftigt sind."

"Angeblich lehrt uns die Astrologie fatalistisch: du wirst deinem Schicksal nicht entrinnen! Meiner Meinung nach sagt die Astrologie (die Astrologie als Metapher des Lebens, wohlgemerkt) etwas viel Subtileres: du wirst deinem Lebensthema nicht entrinnen! Das bedeutet zum Beispiel, daß es eine reine Illusion ist, irgendwann mitten im Leben ein >neues Lebenneues Leben< vorkommt, wird sich sehr bald als pure Variation des vorangegangenen erweisen."

"Das Horoskop gleicht einer Uhr, und die Uhr ist eine Schule der Vergänglichkeit: sobald der Zeiger einen Kreis beschrieben hat und wieder an die Stelle zurückgekehrt ist, von der er ausgegangen ist, ist eine Phase abgeschlossen. Auf dem Zifferblatt des Horoskops drehen sich neun Zeiger mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, jeden Moment geht eine Phase zu Ende und eine andere beginnt. Wenn der Mensch jung ist, ist er noch nicht fähig, die Zeit als Kreis zu sehen, er sieht sie als Weg, der gradlinig zu immer neuen Horizonten führt; er ahnt noch nicht, daß sein Leben nur ein einziges Thema enthält; er wird es erst begreifen, wenn sein Leben die ersten Variationen durchläuft."

"Rubens war ungefähr vierzehn, als er von einem etwa halb so alten Mädchen auf der Straße angehalten und gefragt wurde: »Können Sie mir sagen, wie spät es ist?« Das war das erste Mal, daß jemand ihn siezte. Er war außer sich vor Glück, und es kam ihm vor, als öffnete sich vor ihm eine neue Etappe seines Lebens. Dann vergaß er die Episode wieder, bis zu dem Tag, an dem eine hübsche Frau zu ihm sagte:

»Als Sie noch jung waren, haben Sie da auch gedacht, daß...?« Das war das erste Mal, daß jemand seine Jugend als etwas Vergangenes ansprach. In diesem Augenblick tauchte das Bild des kleinen Mädchens wieder vor ihm auf, und er begriff, daß die beiden Frauenfiguren zueinander gehörten. Sie waren an sich bedeutungslos, er war ihnen zufällig begegnet, doch in dem Moment, als er die beiden Begegnungen in einen Zusammenhang brachte, wurden sie zu zwei entscheidenden Ereignissen auf dem Zifferblatt seines Lebens."

"Ich sage es noch anders: stellen wir uns das Zifferblatt von Rubens' Leben auf einer riesigen mittelalterlichen Turmuhr vor, zum Beispiel auf der am Prager Altstädter Ring, an der ich zwanzig Jahre lang vorbeigegangen bin. Die Uhr schlägt, und über dem Zifferblatt öffnen sich die Fensterchen: eine Figur kommt zum Vorschein — das siebenjährige Mädchen, das Rubens fragt, wie spät es ist. Als der gleiche, sehr langsame Zeiger viele Jahre später die nächste Zahl berührt, schlägt die Glockenuhr abermals, wieder öffnen sich die Fensterchen, und die Figur der jungen Dame erscheint und fragt: »Und als Sie noch jung waren...?« "
[size=85]aus Milan Kundera: Die Unsterblichkeit, Roman, Carl Hanser Verlag, München 1990, Seite 330-333

Zitat Ende
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Milan Kunderas Sonne r steht auf 11°16' Widder.

Uranus t erreichte den 90°-Winkelabstand (+/- 1°) zu seiner Sonne r,

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UR t, 10°16'-12°16' Steinbock: 10.01.-28.01.1991
UR t, 10°16'-12°16' Steinbock: 24.06.-19.08.1991
UR t, 10°16'-12°16' Steinbock: 21.10.-07.12.1991[/list:u][/list:u]

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"... Uranus schreitet relativ langsam über den Himmel. Es dauert sieben Jahre, bis er ein Zeichen durchwandert hat. Nehmen wir an, daß er heute in einer dramatischen Beziehung (sagen wir in einem Winkel von 90 Grad) zur unbeweglichen Sonne Ihres Horoskops steht: ..."[/list:u]

URt erreicht das Planetenbild, SOr/SOr = JUr/VUr = URt/URt, unerwartet gewaltiges Glück haben

1991 erhielt Milan Kundera den

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Ersten Preis für ausländische Literatur der englischen Tageszeitung The Independent
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Karsten

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